bei Bataille, mit Lacan...

Michael Meyer zum Wischen

Y – Z Atop Denk 2023, 3(8), 2.

Originalarbeit

Abstract: In einer performativen Weise hat der französische Denker Georges Bataille einen Text seines Analytikers über „Selbstverstümmelung“ verstümmelt, auseinandergenommen, demontiert, zugleich aber aus ihm eine neue Theorie des Heterologen konstruiert, die sich klinisch als produktiv erweist. Die große theoretische Nähe von Jacques Lacan und Georges Bataille wird unterstrichen, wobei Lacan Bataille ähnlich verstümmelte und „ausweidete“ wie dieser Borel. Der Autor setzt diese Reihe vielleicht fort, indem er aus dieser Reihe Konsequenzen für die borromäische Klinik zieht. In ihr gewinnt das Reale für bestimmte Konstellationen und Pathologien den Primat, was einer Verstümmelung der klassischen klinischen Theorie entspricht, in der das Symbolische den Vorrang zu haben scheint.

Keywords: Selbstverstümmelung, Heterologie, Lacan und Bataille

Veröffentlicht: 30.08.2023

Artikel als Download: pdfGenießen und Selbstverletzung


„Ich wollte von den ‚Mitteln der Ekstase‘ so deutlich sprechen, wie ich es vermochte. Es ist mir schlecht gelungen und doch hätte ich es gern getan.“
Bataille (2002, S. 50)


1. Die Zerstückelung des Textkörpers: Bataille liest Borel, Lacan liest Bataille

1930, also nach seiner Analyse bei Adrien Borel – 1925/1926 –, (Wiechens 1995, S. 146) veröffentlichte Georges Bataille einen Artikel in der Revue Documents, der den Titel La mutilation sacrificielle et l'oreille de Vincent van Gogh trug. Dieser Beitrag war eine Art Antwort auf eine Arbeit seines früheren Analytikers, die dieser 1924 in den Annales médico-psychologiques veröffentlicht hatte: „Une automutilation révelatrice d'un état schizomaniaque“. So schreibt sich der Text Batailles in die Übertragung seiner psychoanalytischen Kur ein, nach der er einen Aufsatz seines Analytikers neu liest und auslegt. Man kann sich fragen, ob dieser Akt Batailles nicht auch Zeugnis von einer Verstümmlung des Anderen ablegt, des Textes des Analytikers, wobei gerade in dieser Verstümmlung ein kostbares Objekt zu Tage tritt: das, was zwischen Analytiker und Analysant auf dem Spiel stand. Erinnert sei dabei an Lacans Formulierung im XI. Seminar: „Ich liebe Dich, weil aber, unerklärlich, ich etwas in Dir liebe, das mehr als Du – das Objekt klein a, muss ich Dich verstümmeln“. (Lacan 1996, S. 282) Dies könnte auch gerade für die Übertragungsliebe gelten. Der Analytiker wird in der Übertragung geradezu zerrissen, damit das aus ihm heraustreten kann, was Objektursache des Begehrens für den Analysanten ist: was ihn zu Schreiben und Ausarbeitung, weiterer Forschung drängt. So scheint es auch bei Bataille und Borel gewesen zu sein.

Dieses rätselhafte, sich immer wieder entziehende, Objekt ist Ursache des Begehrens, indem es das Subjekt dazu antreibt, mit einem bedrohlichen Genießen umzugehen, es einzugrenzen, es auszuarbeiten. Dieses „Jenseits des Lustprinzips“ des Genießens betrifft nach der Theorie Lacans einen grausamen und quälenden, ekstatisch schmerzhaften Zug, wie er uns im Werk Batailles permanent begegnet. Was hat dieser Zug mit der Übertragung zu tun?

Ich möchte daran erinnern, dass wesentliche Werke Batailles durch seine Analyse und auch den Analytiker inspiriert wurden, so sein Text zur Verstümmlung des zu einer grässlichen Folterstrafe verurteilten Chinesen Fu Zhuli. Borel hatte ihm bereits in der zweiten Analysesitzung eine Photographie aus dem Jahre 1905 gezeigt, die das Martyrium dieses Mannes zeigt, der der Ermordung eines Prinzen für schuldig befunden worden war. Die Strafe bestand darin, in 100 Stücke zerschnitten zu werden, wobei die Verabreichung großer Mengen Opiums dazu diente, die Qualen verlängern zu können. Bataille war dabei die Identität der „vollkommenen Gegensätze“ aufgefallen: göttlicher Ekstase und höchsten Grauens, ein Phänomen, das er mit der Mystik in Verbindung brachte. Die Analyse bei Borel habe, so Bataille, ein „intellektuelles Wüten“ bei ihm freigesetzt, das sein Schreiben ermöglichte. Hiervon legt die 1928 erschienene Geschichte des Auges Zeugnis ab.

Der Zerstückelung des Textkörpers des Analytikers durch Bataille, aus der etwas Neues entstehen konnte, war so könnte man sagen, eine Überschüttung des Analysanten durch die Bilder des Analytikers vorausgegangen. Diese Überschwemmung ist ein weiteres wichtiges Merkmal des Genießens. Batailles räuberisches Ausweiden des Textes des Analytikers wäre dann auch ein Weg gewesen, sich von dieser imaginären Überschüttung zu retten und sich das anzueignen, was ihn vom Anderen her überwältigte. Es ginge also um eine Separation Batailles von Borel, um einen Schritt der Subjektivierung des ihn vom Analytiker kommenden, bedrohlichen Genießens. Diese Lesart wird auch von den Überlegungen Roland Léthiers im Wunderblock (1995) unterstützt, der von einer Fütterung Batailles durch die monströsen Bilder Borels spricht. Die noch zu schildernde Selbstverstümmelung Gaston F.’s aus dem Borelschen Aufsatz hätte dann einen ähnlichen Status wie das Bild des gefolterten Chinesen. Während dieser aber vom Anderen zerrissen wird, ihm ganz ausgeliefert ist, nimmt Gaston F. selbst einen Akt des Abreißens vor. Hier könnte man einen wesentlichen Subjektivierungsschritt erkennen, der sich auch auf Bataille als Autor selbst bezieht.

Ein anderer Zugang zum Übertragungsgeschehen zwischen Borel und Bataille, Bataille und Borel, wäre das Konzept der „Verlängerung des Sinthoms“ von Geneviève Morel (Morel 2017, S. 191-248), dem zu Folge der Analysant auf das Sinthom des Analytikers antwortet und aus dessen Material ein eigenes Sinthom fabrizieren kann.

Léthier hat im Übrigen einen interessanten Gedanken zur Relation zwischen Lacan und Bataille entwickelt, der in die Linie dieser Überlegungen gehört. Die imaginäre Fütterung Batailles durch Borel wird damit kontrastiert, dass die Lacans Interventionen Bataille gegenüber von „der Art des Wegnehmens“ gewesen seien: „Lacan nimmt Bataille seine These über Sade, er nimmt ihm seine Bezugnahmen auf Nietzsche und Hegel, er nimmt von ihm die Histoire de l'oeil, um den Schautrieb und die Verbindung der Objekte a herauszuarbeiten. Die freundschaftliche Grausamkeit Lacans erhöht Bataille.“ (Léthier 1995 S. 22) Also auch hier eine grausame Form intensiver Liebesübertragung! Léthier weist darauf hin, dass Bataille offensichtlich unter dem Einfluss Lacans, mit dem er sich bezüglich der Entstehung von Die Tränen des Eros intensiv austauschte, in diesem letzten Werk zu einem veränderten Verhältnis zum Imaginären gekommen sei: „Dieser letzte Text zieht den Leser nicht mehr in gewaltsam erotische visuelle Suggestionen, er plättet Demonstratives und Figürliches. Spürbar wird hier der Abstand zwischen der Intervention Borels, die das morbide Imaginäre Batailles mit Nahrung versorgte, und der Lacans, der ihn drängte, sich seiner zu entledigen (es als Kleid abzulegen).“ (Léthier 1995, S. 22)

 

2. Der attackierte Textkörper: Borels Text zur Selbstverstümmelung

Wenden wir uns also nun als erstes dem Text des Analytikers Batailles zu, der ihm diesen unter Umständen so wie das Bild des gefolterten Chinesen präsentiert haben könnte.

Der Beitrag Borels (und seiner Mitautoren Claude et Robin) zur Selbstverstümmelung, um den es hier geht, datiert auf die Zeit kurz bevor Bataille die Analyse bei ihm begann und wurde gemeinsam mit Claude und Robin verfasst (Claude, Borel u. Robin 2021, S. 35 ff.).

Ich möchte zuerst die von Borel mitgezeichnete Arbeit zusammenfassen, um dann zu Batailles Lektüre überzugehen.

Bei dem 1924 veröffentlichten Text handelt es sich um eine psychiatrische Arbeit, die durch eine an Freud orientierte Auffassung der Psychopathologie geprägt war.

Wir lesen von einem Zeichner von Stickarbeiten, Gaston F., der sich 1924 am Boulevard de Ménilmontant am Friedhof Père Lachaise, ohne Wahrnehmung von Schmerz, den linken Zeigefinger abgebissen und ausgerissen habe. Die Autoren nähern sich diesem in seiner Grausamkeit schwer vorstellbaren Akt zuerst über die Geschichte des Patienten, der als intelligentes, scheues und träumerisches Kind geschildert wird. Besonders hervorgehoben wird, dass es 1913 zu einer Lungentuberkulose kam, die 1915 zu seiner Ausmusterung und offensichtlich zu einem Erleben führte, nicht tauglich zu sein. Gaston habe zeitweise auf Jahrmärkten gearbeitet und wir erfahren von seiner Vorliebe für die Mystiker und Nietzsche. Die psychiatrischen Verfasser des Artikels weisen darauf hin, F. sei bereits 1907 der Liebhaber einer älteren verheirateten Frau geworden, die er aber zu ernähren nicht in der Lage gewesen sei, was ebenfalls zum Erleben der Untauglichkeit beitrug. Andererseits war die betreffende Dame hysterektomiert und konnte ihm keine Kinder schenken. Seit 1918 sei es zu keinen sexuellen Kontakten mehr gekommen. So werden die körperliche Erkrankung und eine nicht überbrückbare Unmöglichkeit einer sexuellen Beziehung als bedeutsam unterstrichen. Unter dem Eindruck der sexuellen Enttäuschung habe er sich zurückgezogen und isoliert, sei inaktiv geworden und habe auch der Malerei nicht mehr nachgehen können, die ihm besonders wichtig gewesen sei. Hier wird nun also ein drittes wichtiges Moment der Auslösung seiner Krise genannt: das Scheitern seiner sublimatorischen Fähigkeiten; Gaston F. habe sich nun unterlegen gefühlt, nicht mehr stabil und er hatte den Eindruck, seinen Zeichnungen und seiner Malerei fehle Kraft und Festigkeit. In dieser Situation entwickelte F. die Idee, man werfe ihm vor, nicht im Krieg gedient zu haben, dort nicht verwundet worden zu sein. Auslösend für die Selbstverstümmelung war dann die Nachricht, der Mann seiner Maitresse, die selbst Malerin war, sei durch einen Tramway-Unfall verletzt worden, was ihm einer Kriegsverwundung äquivalent war. Nun wollte er ein vergleichbares Opfer bringen, um seine Tat zu sühnen, diesem Mann seine Frau genommen zu haben. An dieser Stelle nennen Borel und seine Mitautoren erstmals in ihrem Text das Wort sacrifice (Opfer).

Sie vertreten jedoch die Auffassung, die Selbstverstümmlung sei weniger Ausdruck eines Sühneversuchs, als ein Versuch, die Malerei wieder ergreifen zu können, sie erneut in den Griff zu bekommen. F. habe sich durch seinen Akt erwecken wollen, sich finden, sich individualisieren. Mit Lacan könnte man von einem Subjektivierungsversuch sprechen. Wir lesen, Gaston F. habe den unbestimmten Dingen Form geben wollen. Mit Lacan könnte man hier von einem Versuch ausgehen, eine überbordende Jouissance1, ein überwältigendes Genießen zu konturieren und einzugrenzen. Borel und seine Mitautoren gehen so weit zu sagen, dass Gaston F. sich in seinem Akt sich neu zu erschaffen und zu erfinden suchte, sich zu sammeln, um zu sich zu kommen. Die Idee eines Suizids verwarf Gaston F., da dieser nicht genügend die Idee eines Kampfes verkörpere und letztlich feige sei. Die Selbstverstümmlung dagegen wird ihm zum Ausdruck seines Mutes. Erwähnt wird auch der Umstand, kurz vor der Selbstverstümmlung habe er die Biografie Van Goghs gelesen.2 Kurz vor der Tat hat er den Eindruck, als spreche ihm jemand zu: „Feigling, mach etwas, komm doch aus diesem Zustand raus!“ (Bataille 2021, S. 8) Die Autoren sehen auch hier einen Beleg, dass der Patient versucht habe, einem Zustand von Unfähigkeit und Impotenz zu entfliehen und sich wieder in den Griff zu bekommen. Bemerkt wird auch, dass Gaston F. der psychiatrischen Einweisung keinen Widerstand geleistet und sie bereitwillig hingenommen habe. Borel und die anderen Verfasser des Artikels verstehen dies so, dass es Gaston F. nicht so sehr um die äußere Realität gegangen sei als um die Wiedererschaffung einer inneren, psychischen Realität, die ihm Halt und Solidität geben sollte. Es gehe, so die Autoren, um die Wiedererrichtung des Ich-Ideals.

Diagnostisch diskutieren sie am Ende des Beitrags die Nähe des klinischen Bildes zur Dementia praecox, besonders wohl angesichts der affektiven Indifferenz. Sie führen dann aber weiter aus, man müsse von einer schizoiden Struktur ausgehen, im lacanschen Sinne einer latenten psychotischen Struktur, und der geschilderte schizomanische Zustand sei ein Versuch gewesen, den inneren, narzisstischen Zusammenbruch, aufzufangen, innere und äußere Realität wieder in Bezug zu setzen: durch eine Stärkung des Subjekts mittels eines Opfers wieder Zugang zu den eigenen sublimatorischen Fähigkeiten zu finden und damit auch zum sozialen Leben, aus dem er sich auf Grund seiner Untauglichkeit ausgeschlossen fühlte.

Borel und die anderen Autoren vertreten also die Meinung, dass die Selbstverstümmlung des Patienten, die mutige Aufgabe eines Teils seiner selbst, eine Art Selbstheilungsversuch war, um eine schizophrene Dekompensation zu verhindern. Sie argumentieren dabei, ohne ausdrücklich darauf einzugehen, mit dem Grundkonzept der Freud’schen Narzissmus Theorie und des Zusammenbruchs des Ich-Ideals als möglichen Auslöser einer Psychose bei entsprechender schizoider, das heißt latent psychotischer Struktur.

Bemerkenswert ist, dass der Begriff der Kastration nicht auftaucht, denn man könnte vermuten, Gaston F. habe im Realen die Kastration vollzogen, die ihm auf der symbolischen Ebene nicht gelang: daher seine narzisstische Verletzlichkeit und Angewiesenheit auf das Imaginäre. In einer solchen Perspektive wäre die (reale) Einführung der Kastration das Moment, welches den Selbstheilungsversuch trägt: ein kleiner Teil des Körpers kann abgetreten werden und dieser Verlust des Objekts ist die Grundlage der Stärkung des Subjekts. Die Kastration wäre in dieser Perspektive das Remedium gegen die Auslöschung des Subjekts durch ein unbegrenztes Genießen. Dieses Moment kann durch eine Theorie, die sich vor allem auf den Narzissmus stützt, nicht erfasst und gewürdigt werden.

3. Batailles Verstümmelung: Ein Weg aus der Hölle des Verbrennens im Genießen?

Die greift nun Bataille sechs Jahre später diesen Text auf und wie liest er ihn, auf welche Signifikanten stützt er sich?

Gleich zu Beginn wendet er sich gegen eine psychologisierende Idee: dass nämlich Gaston F. in Identifikation mit Vincent Van Gogh gehandelt habe. Bataille kritisiert also die bei manchen Analytikern alle zu schnell verwandte Theorie der Identifikation, was hieße im Imaginären gefesselt zu bleiben: das eine ist dann das Abziehbild des anderen und ein Anderes kann nicht auftauchen. Bataille betont, dass dem Einbruch des Realen nicht mit einem imaginären Vergleich beizukommen ist. Nicht die Identifikation mit Van Gogh, eine Art Imitation des Malers durch F., ist für Bataille der springende Punkt, sondern vielmehr, dass beide, Vincent Van Gogh, wie Gaston F. mit der Sonne ein besonderes Verhältnis unterhielten, also mit einem rätselhaften, brennenden Punkt im Realen. Wo also Borel auf dem Boden der Narzissmus Theorie bleibt, geht Bataille über sie hinaus, ohne aber ihren Wert zu vernachlässigen. Er besteht dabei allerdings auf einem Moment, das den spielbildlichen Aspekt der Identifikation bricht. Es geht bei ihm nicht mehr um eine Rekonstitution der narzisstischen Ichs durch Identifikation mit einem spiegelbildlichen Ideal, das eine neue Stütze sein könnte, wo dieses zuvor beschädigt und verletzt wurde. Folgen wir also seiner Argumentation.

Bataille folgt der zwiespältigen Faszination, die die Sonne, bzw. in Analogie die Sonnenblumen für Van Gogh hatten und arbeitet heraus, dass bei ihm dem strahlenden Sonnenkranz die verwelkten Sonnenblumen entgegenstanden. Er greift hier Borels These von der Krise des Ich-Ideals auf, bezieht sie aber auf ein Reales - auf das Genießen - so wenn er erwähnt, dass der Maler mit einem wundersam labilen Flammenhut durch die Nacht von Arles schritt, so die Fragilität des strahlenden Ideals nicht nur repräsentierend, sondern verkörpernd. Bataille untersucht auch einige Bilder Van Goghs sehr genau, vor allem Le Fauteil de Gaugin, für das er ebenfalls zeigt, wie der Maler das mit dem Freund und Rivalen Gaugin verbundene Ideal mit dessen Niedergang kontrastiert, den er sich selbst zuordnet:

So stellt er auf dem Gemälde einen Gegensatz zwischen seiner erloschenen Pfeife und der leuchtenden Kerze des Malerfreundes her, zwischen seinen kläglichen Tabak-Resten und den lebhaft kolorierten Büchern Gaugins. Artaud hat interessanter Weise die scharfe Demarkation zwischen van Gogh und Gaugin 1947 in seinem Text Van Gogh, der Suizid und die Gesellschaft aufgegriffen: „ Der erleuchtete Kerzenleuchter auf dem Strohstuhl zeigt, wie es scheint, die strahlende Demarkationslinie, die die beiden widerstrebenden Persönlichkeiten Van Goghs und Gaugins trennt: Ich glaube, dass Gaugin dachte, der Künstler solle das Symbol suchen, den Mythos, die Dinge des Lebens bis zum Mythos vergrößern… während Van Gogh dachte, den Mythos auf die bodenständigsten Dinge zu reduzieren. Womit er meiner Meinung verdammt Recht hatte. Denn die Realität ist jeder Geschichte schrecklich überlegen, jeder Fabel, jeder Göttlichkeit und jeder Surrealität. Es reicht, das Genie zu haben, sie zu interpretieren.“ (Artaud 1988, S. 21-22) Artaud geht wie Bataille nicht vom Symbolischen aus - der Sonne, bzw. dem Licht als surrealer Metapher – sondern vom Realen der Sonne und den Effekten, die dieses mit sich bringt. Insofern folgen Artaud wie Bataille viel eher einem psychotischen Modus, in dem sich das Symbolische realisiert und nicht das Reale symbolisiert erscheint. Das Malen des Schreckens des Realen erschien Artaud als Möglichkeit „um …der Hölle zu entkommen“. (Artaud 1988, S. 31)

Bataille hat einige Jahre vor dieser Analyse Artauds das Unzulängliche unterstrichen, das einer rein auf das Symbolische und/oder Imaginäre bezogenen Deutung der Werke Van Goghs zu Grunde liegt und dies über die Selbstverstümmelung Gaston F.’s verdeutlicht, ohne zu behaupten, es gehe um eine Imitation – die wieder über das Spiegelbildliche abliefe.

Er legt damit auch einen anderen Akzent als sein Analytiker Borel: er geht nicht davon aus, dass Gaston F. Van Gogh nachahmte, sondern er sieht bei beiden eine ähnliche Konstellation am Werk, die mir einem psychotischen Modus viel eher zu entsprechen scheint:

In dieser materialisiert sich das Ich-Ideal realiter in den Strahlen der Sonne und treibt das Subjekt zum Akt: hier im Abschneiden des Ohrs, dort im Herausreißen des Fingers. Die Hitze des Genießens treibt zur Kastration als Rettung vor dem Verbrennen. Bataille legt damit nahe, dass die Not Gaston F.’s nicht in einer narzisstischen Wunde liegt, die geheilt werden müsste, sondern in einer vorgängigen und psychologisch nicht näher begründeten Intensität einer primordialen Hitze, die das Subjekt zu verbrennen droht, wenn sie nicht begrenzt wird. An die Stelle psychologischer Erklärung tritt eine strukturelle Theorie, ein anthropologischer Ansatz.

4. Selbstverstümmelung als Opfer und Struktur

Bataille geht aber noch weiter.

Er ordnet die Akte Gaston F.’s und Van Goghs einer grundsätzlichen anthropologischen Struktur zu, in der die Menschen den Göttern – besonders inkarniert im Sonnen-Gott – einen Teil ihrer selbst opfern, um das (göttliche) Ideal aufrecht zu erhalten.3 Bataille relativiert in seiner Argumentation die medizinische und psychologische, selbst psychoanalytische Perspektive seines Analytikers Borel und unterstreicht die soziale und religiöse Relevanz des Opfers gegenüber einer pathologisierenden Auffassung. Die Selbstverstümmlungen der Psychotiker sind für Bataille nur eine Zuspitzung dieser allgemeinen Tendenz der Menschen zum Opfer und seinen diversen anthropologischen Funktionen. In der Psychose ist das Opfer jedoch aus seinem sozialen Kontext gelöst, was allerdings auch relativiert werden kann, wenn man bedenkt, wie die Geschichte Gaston F.’s mit der Historie, besonders der des ersten Weltkriegs, verknüpft ist.

Ich denke, dass es Bataille mit seiner Opfertheorie gelingt, die Konzeption des Ideals mit der des Genießens, das er noch nicht so benennt, zu verknüpfen. Er spricht von Ekstase oder im Text oft von einem „hors de soi“, einem Außer-sich-Sein. (Bataille 1997, S. 22)

Er bringt dazu auch ein interessantes Beispiel Montaignes, der davon berichtet, ein Adeliger habe seiner Maitresse die Körperteile zugesandt, die in der Liebe mit ihr ihren Dienst verweigert hätten. Dieses Beispiel fällt für Bataille unter die Rubrik der Sühne angesichts des Scheiterns eines Liebesideals (ständiger Verfügbarkeit der Genitalien...).

Interessanterweise hat bereits Freud in der Psychopathologie des Alltagslebens die Idee unterstützt, eine Selbstbeschädigung könne „Opferhandlung“ sein und sprach bei einer Patientin Stärckes von einem „Brandopfer“. Diese Frau verbrühte sich den Fuß im Vorfeld der Einberufung ihres Schwiegersohns, wobei ihre Tochter von diesem Mann schwanger war. (Freud 1904, S. 206)

Aber Bataille geht über diese Idee der Sühne weit hinaus, wenn er in der Folge herausarbeitet, dass der Zustand des Außer-Sich -Seins eigentlich den Kern des Opfers ausmacht. Es geht nach ihm um die Aufgabe der persönlichen Homogenität, einen Riss, der gerade durch die schmerzhafte Verstümmlung eine Neubegründung des Subjekts ermöglicht. Indem Bataille also hier den heterogenen Rest für die Subjektkonstituierung unterstreicht, geht er über die Borelsche Narzissmus theoretische Begründung einerseits weit hinaus, vertieft sie andererseits aber auch. Man könnte sagen: er verdeutlicht das, was in der Theorie des beschädigten imaginären Selbstbildes nicht aufgeht. Das hat gewichtige Konsequenzen: angesichts der bereits von Borel diagnostizierten narzisstischen Krise als Auslöser der Selbstverstümmlung geht es Bataille nicht darum zu zeigen, dass die Selbstversehrung das narzisstische Gleichgewicht wieder etabliert, sondern er verweist auf die Chance eben dieser Destabilisierung durch die Produktion von Heterogenität für das Subjekt und die Subjektivierung. Auch das Band zum Anderen knüpft sich für Bataille über einen heteronomen Rest: „Die Kommunikation erfordert einen Fehler, einen Riss; sie tritt, wie der Tod, durch einen Fehler in der Rüstung ein. Sie erfordert eine Koinzidenz von zwei Rissen, in mir selbst und im anderen.“ (Bataille 1961, S. 43) Der Aufriss der Rüstung ist also gerade eine Infragestellung des Narzissmus.

Es geht bei Bataille um eine Art von Dreischritt: Die Zerstörung des Ideals im spiegelbildlichen Anderen (eine Form der Götterdämmerung) setzt dessen zerstörerische Gewalt frei (im Sinne Lacans die Destruktivität des Genießens), das Subjekt ist außer sich und kann dann im dritten Moment einer durch das Opfer mediierten Konstituierung eines Restes wieder auftauchen. Er entwickelt so eine implizite Theorie des Zusammenbruchs, einer Bedrohung durch Auslöschung des Subjekts und seiner Wiederbegründung durch einen heterologen Rest.
Bataille erinnert daran, dass diese Herstellung von Heterogenität und Ekstase im Opfer oft mit der ritualisierten Bewältigung von Trauer, Sühne und Schwellensituationen des Lebens verbunden ist. Auch hier unterstreicht er also die soziale Relevanz des Opfers und betont seine Funktion bei der Subjektivierung angesichts von Verlust und Wandel. Bei den so genannten Geisteskranken, so mutmaßt er, gingen Hemmungen verloren, die die soziale Einbindung der Opferhandlung und ihre Mäßigung zur Folge hätten, was er am Beispiel der Beschneidung entfaltet, die ein eingeschränktes Opferritual darstelle. Bataille betont außerdem den Aspekt des Opfers, der gegen jedes egoistische Kalkül gerichtet ist; wer sich opfert, versucht nicht mehr, nur seine eigene Haut zu retten, er bezieht sich auf den Anderen.

Außerdem ist das Opfer bei Bataille ein Modus der Zerstörung, jedoch nicht der Vernichtung und somit eine Sublimierung des Todestriebes. „Prinzip des Opfers ist die Zerstörung; doch obgleich diese bisweilen vollständig sein kann (wie beim Brandopfer), ist die Zerstörung, die das Opfer bewirken will, nicht die Vernichtung ... Das Opfer zerstört die in der Realität existierenden Bande der Unterordnung eines Gegenstandes, es entreißt das Opfertier der Welt der Nützlichkeit und gibt es einer Welt kapriziöser Unbegreiflichkeit zurück.“ (Bataille 1997, S. 39)

Insofern verkörpert das Opfer das Prinzip der Neuschöpfung durch Wirken des Todestriebs, der zur Produktion von Heterologen treibt, das geronnene symbolische und imaginäre Formationen unterwandert und destabilisiert und eine neue Ausarbeitung des Genießens ermöglicht. Bindung und Auflösung finden sich schon bei Freud als Zusammenwirken von Lebens- und Todestrieben und tauchen bei Bion als Ps-D auf. Das Heterologe unterwandert die bisherige Struktur und wird zugleich durch ihre Zerstörung auch freigesetzt, wobei es wieder zu neuen Bindungen führt.4

Gegen Ende seines Beitrags kommt Bataille auf das Thema der Opferung des Gottes selbst zu sprechen, wobei er zum Beispiel auf den Prometheus Mythos eingeht. Hier ist es nun der große Andere selbst, der die Kastration auf sich nimmt, damit Subjektivierung möglich wird. Der geopferte Gott, das geopferte Ideal schafft die Lücke, in der das Subjekt auftauchen kann. Das heißt zugleicht: ein Teil des Genießens kann aufgegeben werden, indem der heterologe Rest auftauchen kann.

5. Selbstverstümmelung und ekstatische Begründung des Subjekts: Vom Narzissmus des Ichs zur Heterologie

Bataille schließt, dass die Idee der Sühne beim Opfer also eigentlich sekundär ist. Entscheidend sei die radikale Veränderung des Subjektes durch das Opfer, in der dieses seine Homogenität aufgeben und seinen Narzissmus aufbrechen kann, was zu einer Freisetzung seiner Heterogenität führt: letztlich seiner singulären Art zu genießen.

Man kann sich fragen, ob die rohe und brutale Form dieser Produktion von Heterogenität nicht ein besonderes Merkmal der Psychose darstellt. Dieses Moment wäre dann aber nicht primär als pathologisch zu verstehen, sondern als Versuch einer Neubegründung des Subjekts durch Ekstase und materielle Realisierung der Kastration. Diese Sichtweise Batailles, die den Zugang seines Analytikers Borel aufgreift, vertieft und zugleich überschreitet, hätte dann erhebliche klinische Relevanz im Umgang mit den Selbstverletzungen von Psychotikern, die es dann nicht (einfach) zu verhindern, sondern eher zu transformieren gälte, wie zum Beispiel die Beschneidung eine modifizierte und subjektivierende Form des Opfers ermöglicht. Wie Bataille betont, läge der soziale Wert des Opfers auch in der Zurückweisung einer puren sozialen Aneignung und damit Wiederherstellung der für das soziale Band notwendigen Fremdheit.

Es ist bemerkenswert, dass dieser von Bataille vollzogene Schritt von der Narzissmus Theorie der Psychose, wie wir sie bereits bei Freud vorfinden, hin zu einem Zugang, der dem Realen bei der Neukonstituierung des psychotischen Subjekts eine große Bedeutung beimisst, das Denken des späten Lacan vorwegzunehmen scheint. Borel hatte durchaus den sozialen Komponenten der Auslösung der Psychose, dem Scheitern des Subjekts angesichts der symbolischen Ordnung, Aufmerksamkeit geschenkt, was Bezüge zur Psychose Theorie Lacans der fünfziger Jahre hat. Bataille jedoch, der dieses Moment durchaus nicht übersieht, führt uns noch weiter: zum Schrecken der Heterogenität des Objekts, aus dem jedes Subjekt etwas machen muss, um sich über diese Fremdheit konstituieren zu können. Erinnert sei an das XI. Seminar in der Lacan von einer „automutilation primordial“, einer ursprünglichen Selbstverstümmlung spricht, aus der das Objekt a hervorgehe, das sowohl außerhalb des Körpers wie auch der signifikanten Kette lokalisiert ist: sich weder symbolisch noch imaginär einfangen lässt. Lacan bezieht dieses Objekt auf die Spule des Freud’schen Fort-Da Spiels:

„Darin zeigt sich, was vom Subjekt sich loslöst in dieser Prüfung, es zeigt sich die Selbstverstümmelung, von der aus sich dann die Ordnung der Signifikanz perspektivisch ausrichtet. Denn das Spiel der Spule ist die Antwort des Subjekts auf das, was die Abwesenheit der Mutter an der Grenze des kindlichen Bezirks schaffen sollte, am Rand der Wiege: einen Graben, um den es nur noch das Sprungspiel machen muss. Die Spule ist nicht die Mutter..., sie ist vielmehr ein kleines etwas vom Subjekt, das sich ablöst, ihm aber trotzdem zugehörig ist, von ihm bewahrt wird. Man könnte in Anlehnung an Aristoteles sagen, dass der Mensch mit seinen Objekten denkt. Mit seinem Objekt überspringt das Kind die Grenzen seines Bezirks, der sich in Gräben verwandelt hat und beginnt so die Beschwörung.“ (Lacan 1996, S. 68)

Es geht also um eine Artikulation von Realem und Symbolischen…

Im Falle des klinischen Beispiels einer solchen Selbstverstümmelung wie bei Gaston F. lässt sich allerdings fragen, ob der reale und konkrete Charakter der Produktion von Heterogenität nicht im wahrsten Sinne des Wortes einer Verwerfung entspricht. Das Objekt kann hier nicht zurückgeholt werden. Und weiter gefragt: kann nicht eine partielle Verwerfung als reales Moment einer neuen Verknüpfung von Realem, Symbolischem und Imaginärem dienen? Der reale Verlust des Körperteils verbindet sich mit einer Vorstellung des Subjekts von sich und einer neuen Positionierung im Netz der Signifikanten.

Lacans Rede von der Selbstverstümmlung lässt an einen mythischen Akt der Subjektivierung denken, in dem das Subjekt sich selbst konstituiert, indem es sich und damit das, was es symbolisch und imaginär vom Anderen her determiniert, zerreißt und gerade so die „Grenzen seines Bezirks“ übertreten kann. Die Subjektivierung erfolgt also von einem Heterologen aus, welches der Bestimmung des Subjekts durch Signifikanten und Spiegelbild widersteht. An ihm lässt sich, wie Lacan sagt, „das Subjekt festmachen“. Die Verknüpfung geht also nicht vom Symbolischen aus, dem Namen-des-Vaters, sondern vom realen Rest, sogar der Verwerfung.

Bataille und Lacan begegnen sich also darin, dass es keine totale Existenz geben kann, sondern dass sich das Subjekt gerade durch einen ekstatischen Modus, ein Außer Sich Sein, konstituiert. Lacans Bemerkung in seinem zweiten Seminar vom „fundamental acephalen Charakter des Subjekts“ (Lacan 1991, S. 218) ist dabei einerseits Referenz an die gemeinsame Teilnahme mit Bataille an der Gruppe Acéphale, sowie vor allem an seine Nähe zu diesem, was das Gewicht des Realen und damit des Genießens für die Konstituierung des Subjekts ausmacht.

Bemerkenswerterweise hat Bataille Lacans Text zum Erscheinen des Minotaure „als einzigen Artikel, der etwas Neues beiträgt“ gepriesen, zu einer Zeit also, als er sich mit den Surrealisten im Streit befand.

Annette Bitsch hat in ihrer Arbeit Georges Batailles Heterologie und die Documents (2003) den „klinisch psychoanalytischen Blick“ Batailles unterstrichen und damit deutlich gemacht, dass die psychoanalytische Klinik nicht nur von den Psychoanalytikern selbst geschrieben wird. Darüber hinaus hat sie Batailles klinischen Scharfsinn in den Kontext seines Disputes mit den Surrealisten um die Psychoanalyse eingeordnet. Annette Bitsch hebt bei den Surrealisten eine idealistische Rezeption des Unbewussten mit einer kulturellen Bereinigung der Sexualität hervor, der Bataille mit seiner Hervorhebung der Materialität des Triebhaften und seines polymorph-perversen Charakters entgegengetreten sei. Letztlich fehlt in der Glättung der Psychoanalyse durch den Surrealismus im Sinne einer dandyhaften und kapriziösen Ästhetik und auch – wie bei Breton – einer politischen Vereinnahmung der transgressive Charakter der Psychoanalyse. Damit würde sie ästhetisch oder politisch domestiziert. Spannend ist, dass Batailles Streit mit der surrealistischen Gruppe im selben Jahr in den Documents ausgetragen wurde, in dem auch der Text zur Selbstverstümmelung erschien. Batailles Auseinandersetzung mit der konkreten klinischen Szene lenkt, so könnte man sagen, die Aufmerksamkeit auf das Abscheuliche, von dem man eigentlich nichts wissen will und das sich keinen höheren Zwecken unterordnen lässt. In einem Text von 1936, Sacrifices, schreibt Bataille:

Ich, ich existiere – in eine verwirklichte Leere gehängt – meiner eigenen Angst ausgeliefert – von jedem Wesen unterschieden und so, dass die verschiedenen Ereignisse, die jeden anderen und nicht mich treffen können, dieses ich grausam aus einer totalen Existenz stoßen.“ (Bataille 2011, S. 33)

Einen solchen Versuch der Subjektivierung des Genießens durch die Abtrennung des Objekts scheint auch Gaston F. unternommen zu haben. Er lieferte sich seiner Angst aus und riskierte damit den Verlust einer totalen Existenz. Damit ist nicht nur der symbolische Austritt aus den Täuschungen des Imaginären von jubilatorischer Ganzheit möglich, der Gefangenschaft im Spiegel. Manchmal muss dieses totale (Körper-) Bild wohl real zerbrechen, damit ein neues Subjekt auftauchen kann. Damit wird das Opfer (eines Teils) Voraussetzung der Überwindung des Narzissmus.

 


1 Genau das wäre im Sinne Lacans das unbestimmte Ding, das sich als reales unbegrenztes Genießen der symbolisch-imaginären Bestimmung entzieht (ein Überschuss ist) und primär durch kein Begehren (einen kastrativen Einschnitt) begrenzt wird.

2 Borel und seine Kollegen unterstreichen hier vermutlich ein identifikatorisch-narzisstisches Moment in der Reparatur eines beschädigten narzisstischen Ichs, während Bataille in dieser Lektüre eher eine Stütze für den Akt einer kastrativen Opferung zur Neuschöpfung des Subjekts erkennt.

3 Lacan würde sagen, dass das Subjekt den Anderen so ungebarrt (unkastriert) lässt, um den Mangel des Anderen nicht ertragen zu müssen.

4 Vergleiche zur Triebmischung bei Freud: Laplanche u. Pontalis 1973, S. 531. Bions Hinweis in Bion 1992, S. 32 ist weiterführend, da er ein oszillierendes Verhältnis von integrativen und desintegrativen Prozessen beschreibt. Batailles Schilderungen von Dekompensation, Verstümmelung bei ihm auf der einen und neuer Konstituierung des Subjekts auf der anderen Seite, schreibt sich aus meiner Sicht in ein solches Denken (Freud-Bion-Lacan) ein.

 

Literaturverzeichnis

Artaud, Antonin (1988): Van Gogh, der Selbstmörder durch die Gesellschaft. Berlin: Matthes & Seitz.

Bataille, Georges (1997): Theorie der Religion. Übers. v. Andreas Knop. Berlin: Matthes & Seitz.

Bataille, Georges (2002): Die Freundschaft. Übers. v. Gerd Bergfleth. Berlin : Matthes & Seitz.

Bataille, Georges (2011) : L’anus solaire suivi de sacrifices. Paris: Gallimard.

Bataille, Georges (2021) : La mutilation sacrificielle et l’oreille coupée de Vincent van Gogh. Paris: Allia.

Bion, Wilfred (1992): Elemente der Psychoanalyse. Frankfurt/M.: Suhrkamp.

Bitsch, Annette (2003): „Georges Batailles Heterologie und die Documents“. Unveröffentlichtes Manuskript.

Claude, Henri, Borel, Adrien u. Robin, Gilbert (2021): Une automutilation révelatrice d’un état schizomaniaque. Paris: Allia, S. 35-48.

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Autor:in: Michael Meyer zum Wischen, Dr. med., ist seit 1998 in psychoanalytischen Praxen, derzeit in Hamburg tätig.